Deutscher Filmpreis 2014

 

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Freitagabend wurde im Berliner Tempodrom der Deutsche Filmpreis verliehen und ich war mittendrin statt nur dabei. 

Der Deutsche Filmpreis war für mich als Liebhaberin deutscher Filme schon immer Pflichtprogramm, zumindest im Fernsehen. Dieses Jahr durfte ich nun zum zweiten Mal als ‚Lichtdouble’ direkt vor Ort sein und konnte mich wie im letzten Jahr schon vor Begeisterung kaum halten. All die großen deutschen Schauspielerinnen und Schauspieler, Regisseurinnen und Regisseure, und ich mitten unter ihnen.

Was kann man sich unter einem ‚Lichtdouble’ vorstellen? Kein schönes Wort, aber ‚Licht-Doppelgänger’ klingt eben doch etwas umständlich. Das war ich jedenfalls, ein  ‚Doppelgänger’ für die noch nicht vor Ort gewesenen Prominenten. Es wurde geprobt, geleuchtet, gefilmt, und ich saß, mit Papp- und Umhängeschild bewaffnet, auf den Plätzen von Carla Juri, Christian Kracht und anderen Nominierten. Ich ‚doubelte’ Hannah Herzsprung in ihrer Laudatio, die sie später zusammen mit Wotan Wilke Möhring nicht unbedingt besser hielt als ich. 

Der Moderator Jan Josef Liefers war bei so gut wie jeder Probe dabei, genau wie die Musiker, das Filmorchester Babelsberg und natürlich wir: vierzehn ‚Lichtdoubles’, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Vierzehn junge Menschen variablen Alters, bunt zusammengewürfelt, versuchten drei Tage um die elf Stunden miteinander auszukommen und sich die Zeit des Wartens zu vertreiben. Geduld und Ausdauer waren Bedingung. Meine Faszination für deutsche Filme und Schauspieler half mir beim Überbrücken der langen Wartezeiten, denn als die Laudatoren nach und nach zur Probe kamen, konnte ich mir den einen oder anderen Freudenschrei nicht verkneifen. 

Und so führten unsere ewigen Proben zum persönlichen Dank des Regisseurs an unsere gute Arbeit als ‚Lichtdoubles’ und vor allem zu einer gelungenen Veranstaltung, die ich zu meinem Glück teilweise von den Plätzen Roland Emmerichs, Barbara Philipps und Iris Berbens aus verfolgen durfte. Sätze wie – „Ich danke der Akademie.“ – kennt man sonst nur aus Hollywood, aber wenigstens für mich war es doch wie eine kleine Oscar-Verleihung, als die Lola immer und immer wieder in die Hände der Sieger gelangte. 

Außer der für mich persönlich großartigen Erfahrung gibt es nach der Veranstaltung auch einige Filmempfehlungen, die ich aussprechen möchte. 

Spannende Filme, die ich schon vorher gesehen habe und die sehr empfehlenswert sind wären z. B. Finsterworld und Zwei Leben

Der Film Finsterworld von Frauke Finsterwalder und Christian Kracht, der trotz seiner fünf  Nominierungen nur die Auszeichnung der nicht anwesenden Nebendarstellerin Sandra Hüller für sich gewinnen konnte, wirkt auch beim zweiten Anschauen etwas verstörend und doch immer noch großartig besetzt und herrlich skurril. Zwei Leben ist eine spannende und auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte um die von den Nationalsozialisten eingerichteten Lebensborn-Heime für sogenannte Besatzungskinder und unbedingt sehenswert. Ausgezeichnet wurde dieser Film leider nur in einer Kategorie: Bester Schnitt. 

Filmempfehlungen an mich sind unbedingt Edgar Reitz’ Die andere Heimat, ein fast vierstündiges Epos, das auf der ebenfalls von ihm stammenden Filmreihe Heimat beruht. Bestes Drehbuch und Beste Regie und die Lola in Gold für den Besten Spielfilm konnte der Film für sich gewinnen, Das finstere Tal übertraf ihn mit insgesamt acht Lolas. Dabei handelt es sich um einen „Östern, einen Western in Österreich“, wie Jan Josef Liefers es formulierte. Beide Filme bestechen durch Dialekt. Den Film Sein letztes Rennen werde ich mir ebenfalls anschauen, einfach weil ich direkt hinter Dieter Hallervorden saß, als er als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde und es so rührend war, ihn und seine Familie in ihrer großen Freude beobachten zu können. 

Im Gegensatz dazu werde ich mich wohl immer noch nicht dazu entscheiden, den als „Besucherstärksten Film der Saison“ ausgezeichneten Fack Ju Göthe anzuschauen, wahrscheinlich aus Prinzip, wegen des mit Absicht falsch geschriebenen Titels und der so treffenden Bemerkung von einem der größten deutschen Schauspieler, neben dem ich während der Verleihung u. a. sitzen durfte: „Hoffentlich gewinnt der nun nicht den Hauptpreis“ (die goldene Lola für den besten Film). 

Im Nachhinein schaue ich mir die Verleihung der Lola natürlich noch einmal im Fernsehen an, entdecke mich ein, zwei Mal im Publikum und muss zugeben: Die Wirkung ist doch eine andere. Plötzlich wirkt der Gesang zur Einblendung der im letzten Jahr verstorbenen Filmkünstlerinnen und Filmkünstler etwas irritierend, die Kameraarbeit scheint unkalkuliert und das, wo wir doch so viel geprobt und so ausdauernd ‚gedoubelt’ haben … 

Trotzdem kann man nur hoffen, dass es sich bei dem angekündigten Aus für den Deutschen Filmpreis einzig um eine Drohung handelt, denn wie soll der Deutsche Film überleben, wenn es keinen Preis mehr für ihn gibt?