Karneval – Fluch oder Segen?

Ein Kommentar

Der Februar ist für viele Jecken der beste Monat im Jahr, denn die Karnevalszeit steht vor der Tür und das bedeutet Feiern ohne Ende und ohne Grenzen. Doch nicht jeder findet Geschmack an bunten Kostümen, lauter Musik und Karnevalsumzügen. Der Karneval in Deutschland wird trotzdem in all seinen Facetten gefeiert. Was beschreibt den Karneval in Deutschland am Besten? Ist es eine traditionsreiche Festlichkeit, die jeder mitmachen sollte? Oder gehört der Karneval einfach nur verbannt? Die einen lieben es, die anderen hassen es. Ich stehe wohlbehütet in der goldenen Mitte und möchte euch gerne meine Eindrücke und Meinungen zum Karneval in Deutschland vorstellen.

Bereits einige Male durfte ich den Rosenmontag in Köln verfolgen. Und jedes Mal fragte ich mich im Anschluss daran, warum ich mir das jedes Jahr aufs Neue antue. Denn bis auf das Verkleiden reizt mich nicht viel daran. Doch vielleicht sollte jeder einmal einen größeren Karnevalsumzug wie den in Köln mitmachen. Schließlich kann man, wenn man Glück hat, ganze Pralinenschachteln fangen 😉 .

Der Rosenmontag in Köln ist nicht nur gekennzeichnet durch einen unfassbaren Menschenauflauf aus aller Welt. Es lässt sich auch ein nicht überraschender Effekt feststellen: Ob Mann oder Frau – früher oder später verliert ein jeder seine letzten Hemmungen. Je mehr Alkohol fließt, desto mehr werden die Schamgrenzen überschritten. Dass das nicht nur an Karneval der Fall ist, ist natürlich klar. Doch es scheint, als würde jeder noch so verklemmte Büroangestellte gerne mal ein Tänzchen auf dem Tresen vollziehen und sich seines Kostüms entledigen. Denn schließlich ist ja Karneval. Und auch wenn gerade diese Stimmung für viele zu einer gelungenen Karnevalsfete beiträgt, möchte ich nicht beobachten müssen, wie sich ältere Damen ungeniert begrapschen lassen und danach ihren Toilettengang in der nächstgelegenen Gasse vollziehen. Denn wer will seinen Allerwertesten schon am nächsten Morgen auf Facebook wiederfinden? Ausgelassen feiern – Ja, bitte. Hemmungslos das letzte Bisschen Würde verlieren – Nein, danke 😉
Neben diesem peinlichen Verhalten mit durchaus hohem Fremdschämfaktor trägt die ausgelassene Stimmung aber vor allem auch dazu bei, dass man sich schnell kennenlernt. So erfährt man beispielsweise, woher die neuen Freunde stammen und warum genau sie sich das Spektakel nicht entgehen lassen wollen. Es wird zusammen geschunkelt und getanzt. Was sich schön anhört, ist nicht für jeden pure Freude. Denn an Karneval wird logischerweise die passende Musik mit Tusch, Helau und Alaaf zum Besten gegeben. Trotz Alkoholkonsums ist diese Art von „Musik“ nicht für jedermanns Ohren geeignet. Doch glücklicherweise lässt sich dieses Grauen umgehen: Wer Glück hat, findet mittlerweile in fast jeder Stadt alternative Karnevalsfeiern, die weniger auf Diskofox und Co., sondern mehr auf Einhornkostüme und erträglichere Partymusik aus den 90er Jahren setzen. Trotz Einhornkostüm wird auch hier jedoch auffallen, dass viele Kostümierungen immer wieder auftauchen. Polizisten, Sträflinge, Teufel, Krankenschwestern… Wer jedoch genauer hinschaut, wird auch wirklich kreative und lustige Ideen wiederfinden. Besonders Gruppen glänzen mit einfallsreichen Verkleidungen. Die Jecken lassen sich den Spaß auch ordentlich was kosten: Jeder Deutsche gibt durchschnittlich rund 50 Euro für sein Kostüm aus – nach oben offen. Besonders in den Karnevalshochburgen muss natürlich jedes Jahr ein neues Kostüm für jeden Tag her, denn wer möchte schon gerne an Weiberfastnacht und Rosenmontag als Pirat verkleidet sein? Und wer sich unter den feierwütigen Frauen genauer umsieht, wird noch ein Phänomen feststellen: Zum hemmungslosen Büroangestellten gesellt sich schnell auch die ausgelassene Lehrerin, die in ihrem extrem kurzem, weit ausgeschnittenen Hexenkostüm kaum auffällt. Denn wenn Frau an Karneval Feiern geht, scheint sich jegliche Kostümierung in ein Dessous zu verwandeln. Je kürzer und aufreizender, desto besser…

Ja, der Karneval in Deutschland ist schon so eine Sache. Zu lustigen Bräuchen und einfallsreichen Kostümen gesellen sich leider auch nervige Musik, hemmungslose, betrunkene Männer und Frauen sowie überteuerte Bierpreise dazu. Wer jedoch trotzdem gerne mit Freunden an Rosenmontag losziehen möchte, wird auch fündig. Denn Karneval lässt sich in kleinen Kneipen, Clubs oder auf privaten Feiern deutlich besser aushalten als zwischen den Menschenmassen in Köln. Und wer sieht schon gerne betrunkenen Matrosen und halbnackten Prinzessinnen beim Diskofox tanzen zu 😉 ?

 

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