Deutsche Esperanto-Jugend

Interview mit Michaela Stegmaier, 22 Jahre, studiert in Braunschweig Umweltnaturwissenschaften und war per Skype zugeschaltet aus Thorn, wo sie ein Auslandssemester absolviert.
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Esperanto aktuell“ wird Michaela Stegmaier mit Titelfoto als neue Vorsitzende der Deutschen Esperanto-Jugend vorgestellt. Wir haben sie über Skype gefragt, was das für sie bedeutet.

1. Sie sind seit kurzem die Vorsitzende der Deutschen Esperanto-Jugend.
Was muss man tun, um das zu werden?
Ich bin schon einige Jahre Mitglied im Esperanto-Verein. Mich haben damals die gemeinsamen Reisen der Esperanto-Jugend besonders interessiert. Nunja, und dann geht man als Mitglied zur Jahreshauptversammlung, lässt sich als Kandidat aufstellen und kann dann gewählt werden. Man hat mich vorher natürlich angesprochen, ob ich mir ein Vorstandsamt vorstellen könnte. Anscheinend hat man mir das zugetraut und viele kannten mich auch schon, weil ich aus der Esperanto-Stadt Herzberg am Harz stamme.

2. Welche Aufgaben hat die Vorsitzende der Esperanto-Jugend?
Hauptsächlich bin ich für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Es kommt aber auch viel Verwaltung auf mich zu: Ich muss Aktualisierungen im Vereinsregister vornehmen, wenn sich Vorstand oder Satzung geändert haben und dafür zum Notar gehen. Aber die Vorstandsmitglieder sprechen sich mit ihren Aufgaben natürlich ab.

3. Was bewegt denn junge Leute, Mitglied in einem Esperanto-Verein zu werden?
Zum Beispiel die gemeinsamem Veranstaltungen. Wir haben jedes Jahr ein Jugendtreffen über Silvester, das heißt JES (Junulara Esperanto Semajno = Jugend-Esperanto-Woche) mit rund 200 Teilnehmern, größtenteils aus Deutschland und Polen, aber auch aus anderen europäischen Ländern. Übrigens nicht nur Jugendliche, sondern auch ältere Esperanto-Sprecher. Das sind alles Leute, die sich für Sprachen interessieren und Esperanto lernen, weil es durch seine einfache Grammatik ziemlich leicht zu lernen ist. Es gibt keine Ausnahmen und man kann ziemlich schnell selbst sprechen. Natürlich ist den Leuten die Gemeinschaft wichtig, weil man auf internationaler Ebene Freunde hat. Ich kenne mittlerweile Leute auf jedem Kontinent.

4. Und auf diesen Treffen wird dann auch nur Esperanto gesprochen?
Genau! Anfänger suchen sich natürlich oft noch Leute mit gleicher Muttersprache. Aber größtenteils wird wirklich Esperanto gesprochen und man bringt sich gegenseitig neue Wörter bei. Es gibt den Satz: „Ne krokodilu!“, das heißt: (übertragen) „Sprecht nicht in eurer Muttersprache, die gehört hier nicht hin!“

5. Hat die Funktion einer weltweiten Kommunikationssprache nicht schon das Englische?
Englisch ist natürlich eine internationale Sprache, aber wir haben ja Esperanto als dieses besondere Werkzeug zur Kommunikation und da steckt auch eine Menge Kultur dahinter. Wir haben eigene Lieder, wir haben sogar eine Hymne und wir haben mittlerweile eine große Gemeinschaft, die Esperanto nutzt. Wir sind nicht gegen Englisch, aber Englisch steht dem Grundsatz der Gleichheit entgegen. Denn wenn Teilnehmer aus England dabei sind, hätten die einen Vorteil, weil es ihre Muttersprache ist und die, für die Englisch Fremdsprache ist, trauen sich nicht, alles zu sagen. Esperanto ist dagegen für jeden eine Fremdsprache – bis auf seltene Ausnahmen, also Leute, die Esperanto von ihren Eltern gelernt haben.

6. Und wie sind Sie zum Esperanto gekommen?
Ich habe 2007 Esperanto gelernt und habe es immer nur als Hobby gesehen. Ich fordere auch nicht, dass jeder Mensch auf der Welt nun Esperanto lernen soll. Für mich ist es einfach praktisch. Es gibt aber auch Studien darüber, dass man schneller andere Fremdsprachen lernt, wenn man Esperanto als erste Fremdsprache hatte.

7. Wie oft haben Sie die Möglichkeit, sich auf Esperanto zu unterhalten?
Esperanto ist Teil meines täglichen Lebens. Ich kommuniziere im Internet täglich mit Esperanto-Freunden aus aller Welt. Dadurch, dass ich jetzt im Vorstand bin, wird das natürlich noch mehr. Ich höre auch viel Esperanto-Musik, z.B. von Jonny M, der ist auch aus Deutschland und macht Esperanto-Reggae. Oder ich schau oft einen Video-Blogger aus Australien an, der Esperanto spricht. Der war auch auf unserem letzten Silvester-Treffen und hat ein Video von dem Treffen gemacht. Sogar wenn ich hier in Thorn mit meinen Kommilitonen Englisch spreche, rutschen mir ständig Esperanto-Wörter raus, die ich dann erklären muss. Wenn ich mit Menschen anderer Muttersprachen spreche, schaltet mein Gehirn automatisch auf Esperanto um.

8. Wenn ich Esperanto ganz neu lernen möchte, wie gehe ich dann vor?
Es gibt mittlerweile viele Plattformen im Internet, das macht Esperanto für jeden zugänglich, z.B. die Internetseite: lernu.net, da gibt es auch ein Wörterbuch usw. Ich empfehle auch den erwähnten Video-Blogger Evildea, der seine Videos untertitelt. Vom Deutschen Esperanto-Bund gibt es einen kostenlosen Kurs auf der Internetseite, mit PDF-Dateien und einen kompletten Kurs, der heißt „Brazila-Kurso“. Wenn man das Kontakt-Formular dort nutzt, bekommt man einen Mentor zugeteilt, der einem beim Lernen hilft und z.B. die Aufgaben korrigiert. Das macht man als neues Vorstandsmitglied übrigens auch. Natürlich gibt es Kurse in vielen Städten, Herzberg am Harz bietet da ganz viel an. Und zweimal im Jahr gibt es ein Treffen, das heißt „KEKSO“, wo man als Neueinsteiger kostenlos teilnehmen kann. Außerdem gibt es auch Apps (z.B. Duolingo), mit denen man vom Englischen und vom Spanischen aus Esperanto lernen kann.

Bei Interesse einfach mal die Seite www.esperanto.de besuchen, die auch auf Deutsch alles erklärt.

Bildquelle:privat