Wenn einem das Leben nicht mehr lebenswert erscheint

Am 20. Juli nahm sich der Sänger Chester Bennington das Leben. Mit seiner Band Linkin Park war er seit 1999 sehr erfolgreich unterwegs. Doch der Erfolg brachte für Bennington leider nicht nur Gutes. Seit Jahren sprach er öffentlich über seine Depressionen und seiner Sucht nach Alkohol und Drogen, die ihn immerzu runter zogen. Mit seinem Suizid brachte Chester Bennington eine Krankheit zur Sprache, die viele Menschen auf der ganzen Welt belastet.
Als Person des öffentlichen Lebens stand der Sänger seit rund 18 Jahren im Rampenlicht. Zu Beginn seiner Karriere bei Linkin Park fühlte er sich nicht dazugehörig und stürzte sich in einen zunehmenden Alkohol und Drogenkonsum. Doch die Probleme des Amerikaners fingen schon weit früher an. Bereits in seiner Kindheit fühlte er sich häufig im Stich gelassen. Nach der Scheidung seiner Eltern lebte Chester bei seinem Vater, der sich ,wie die Mutter, jedoch kaum um seinen Sohn kümmerte. Diese schlechten Erfahrungen führten so weit, dass Chester Mordgedanken gegen seine Familie hegte und weglaufen wollte. Neben den ohnehin schon gestörten Familienverhältnissen wurde er zudem im Alter von 8 bis 13 Jahren sexuell missbraucht. Erst nach vielen Jahren nahm er den Mut zusammen, überwand die Scham und vertraute sich jemandem an. Dass er die negativen Erfahrungen und Erlebnisse nie richtig verarbeiten konnte, zeigte sich in seiner Drogensucht, die bereits mit 18 Jahren einen ersten Höhepunkt erreichte. Besonders den Drogen Kokain und Crystal Meth war Bennington frühzeitig verfallen.

Viele seiner Erlebnisse und Erfahrungen verarbeitet Chester in den Songtexten seiner Band – was beim genauen hinhören auch nicht zu überhören ist. In einem der bekanntesten Songs „In the End“ singt Chester von seinen Bemühungen, die ihn weit gebracht haben, doch am Ende nichts bedeuten. Er spricht auch vom Verlieren und Fallen. Wer zwischen den Zeilen ließt, mag einen Hilfeschrei hören. Ein Hilfeschrei, von einem Mann, der schon als kleines Kind viel durchstehen musste und keine Hilfe bekam. Der versuchte, durch Alkohol und Drogen zu vergessen. Und der in der Musik einen Ausweg und eine Unterstützung fand – bis zum Schluss.

Sein Suizid scheint kein plötzlicher Impuls gewesen zu sein. Denn an seinem Todestag, dem 20. Juli, wäre sein langjähriger Freund Chris Cornell 53 Jahre alt geworden. Auch Cornell setzte seinem Leben frühzeitig ein Ende.

Mit seinem Fall löste der Sänger nicht nur unter Fans Trauer und Bestürzung aus. Auch das Thema Depressionen scheint dadurch wieder in die Aufmerksamkeit der Presse gekommen zu sein. In Deutschland leiden rund 4 Millionen Menschen an der Krankheit. Weltweit sind es traurige 350 Millionen Menschen. Chesters Entscheidung, das Leben frühzeitig zu verlassen, ist kein Einzelfall. Suizid und Depression sind häufig miteinander verknüpft, darüber gesprochen wird jedoch selten. Jedoch ist Suizid als Folge einer Depression bei den 15-bis 34-Jährigen die zweithäufigste Todesursache. Und ähnlich wie bei Chester Bennington werden in 8 von 10 Fällen die Absichten der Betroffenen angekündigt. Daher ist es umso wichtiger, Suizidgedanken nicht als ein Tabuthema aus der öffentlichen Diskussion zu verbannen, sondern stattdessen darüber zu besprechen und den Betroffenen zu helfen. Denn Depressionen lassen sich heutzutage behandeln.

Chester Bennington hinterlässt nach seinem Tod viele trauernde Fans, sechs Kinder und seine Ehefrau Talinda Bentley, viele Fragen und auch Wut. In den sozialen Netzwerken wird Chesters Handeln oft kritisiert, denn er habe nicht an seine Familie gedacht, die diesen Tag wohl niemals vergessen wird. Doch wie reflektiert kann jemand sein, der in seinem Leben keinen Sinn mehr erkennt? In einem Leben, das geprägt war durch Tiefpunkte, düstere Gedanken und Erinnerungen an die Kindheit und viele Menschen, die auf dich und dein Leben blicken. Was nun bleibt, ist seine Musik und seine tiefgreifenden Texte, die einer ganze Generation über eigene schwarze Tage hinweg geholfen haben. Danke dafür!

Hilfe bei suizidalen Gedanken bietet die Telefonseelsorge, die anonym, kostenlos und 24 Stunden erreichbar ist: 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222.

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