Jahresrückblicke

Wenn ein Jahr vergangen ist, dann schaue ich schon mal zurück und resümiere, was ich geleistet habe, was ich neues errungen oder auch verloren habe. Wenn etwas bedeutendes geschah, also etwas, das mein Leben verändert, dann erwerbe ich gerne etwas, das mich daran erinnert.
2009 zum Beispiel habe ich den Louvre in Paris für mich entdeckt und diese Reise war wahrlich ausschlaggebend für meine Zukunft. Denn an dem Tag, an dem ich dieses monumentale Museum betrat, fällte ich die Entscheidung für mein zweites Studienfach. Als Erinnerung habe ich mir eine wunderschöne Amor&Psyche-Skulptur im Kleinformat gekauft. 2012 hingegen hat vor allem die Lyrik mein Dasein geprägt, also habe ich mir eine Lyrik-Anthologie für das Jahr 2012 ausgesucht. Lyrik-Anthologien gibt es ja viele, sie fangen bei überteuerten Gedichtbänden an und hören bei Hauptsache-die-Seiten-sind-gefüllt,-egal-womit-Sammlungen auf. Aber natürlich gibt es auch Schätze unter ihnen: sorgfältig ausgewählte Gedichte, in denen wir uns wiederfinden. Wundervoll poetische Zeilen, die uns für einen Augenblick dem Alltag entreißen und uns nicht mit überhobener Intellektualität erschlagen. Zeilen, die einen künstlerischen Anspruch haben und nicht bloß dahin geschmissen sind. Eine Anthologie, die ich auf diese Weise beschreiben mag, habe ich in „Lyrischer Lorbeer 2012“ gefunden. Mit bezaubernden Illustrationen des Jugendstil-Meisters Alfons Mucha geschmückt, gibt dieses Buch einen Einblick in die lyrischen Welten von gut 250 dichtenden Zeitgenossen. Ein Gedicht aus der Anthologie, das mir auch aufgrund seines Klangs besonders gut gefällt, möchte ich euch vorstellen. Es stammt aus der Feder von Marlene Giesinger und hat mich vor allem durch seine düstere und eindringliche Bildlichkeit verzaubert, die in den Zeiten der Vampir-Literatur wunderbar modern ist.

 

Aufarbeitung

Aus dem Aderlass strömt die
siebenmalsiebenundsiebzigjährige
Schuld, Blutstropfen für
Blutstropfen dunkelt sie
fort

wenn ich nur wüsste

wohin, den Ort sucht die
verlorene Zeit, die Wut
zu streuen und das
Weh, Körnchen für
Körnchen tief in die

Furchen entfremdeten
Glücks, daraus soll Stehen
reifen, säulenrankender
Efeu, der seine Blätter
immer neu der

langen Nacht hinhält und
den schier unbezwingbaren
Wintern mit dem Glanz
üppig gedunkelten
Grüns.

 

Lorbeer                                               Lorbeer Literaturverlag, Bielefeld 2012

 

Ein bedeutendes Jahr 2013 wünscht euch
Lisa