Das Flüstern des Wassers (Shape of Water)

Am 15. Februar lief „Das Flüstern des Wassers – Shape of Water“ in Deutschland in den Kinos an. Ein nicht nur aufgrund der oscarprämierten Filmmusik und märchenhaften Gestaltung sehenswerter Film. Regie führte Guillermo del Toro.

Ein kurzer Abriss der Handlung:
Elisa arbeitet im Baltimore Anfang der 60er Jahre als Reinigungskraft in einer militärischen Forschungseinrichtung. Dort soll ein aus dem Amazonasgebiet stammendes Wesen untersucht werden, das sowohl menschliche als auch amphibische Eigenschaften besitzt, um daraus einen Nutzen für militärische Zwecke angesichts des kalten Krieges zu ziehen. Auch davor, das Wesen zu töten, schreckt der Antagonist, Sicherheitschef Strickland, der den Amphibienmann zudem mit einem Viehtreiber foltert, nicht zurück.
Mithilfe von Gebärdensprache, Gestik, Mimik und der Musik eines Plattenspielers baut Elisa heimlich während ihrer Pausen, die sie im Labor verbringt, eine Beziehung zu dem Wassermann auf. Sie fühlt sich von ihm verstanden, da er genau wie sie keine Lautsprache verwenden kann. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung, die wahrhaftig genug erscheint, um innerhalb des Films Elisas Nachbarn Giles zur Mithilfe bei einer gewagten Rettungsaktion zu bewegen und außerhalb den Filmzuschauer weiter an die Protagonistin zu binden.

Die Fantastik entfaltet sich in diesem Film mit aller Macht in fulminanten Farben und gewundenen Formen wohin man blickt. „Das Flüstern des Wassers“ ist ein Märchen für Erwachsene. Das Böse, Gruselige und Gewalttätige lauert stets im Hintergrund und eskaliert in einigen Szenen in düsteren Ausbrüchen von Grausamkeit. Der Großteil der Handlung findet in den fensterlosen Räumen der Forschungseinrichtung statt, innerhalb der Wohnung der Protagonistin, abends oder bei schlechtem Wetter, sodass Dunkelheit über der gesamten Geschichte zu liegen scheint. Trotzdem schafft es der Regisseur, dass sich heitere Momente ganz natürlich in der Geschichte entwickeln und gibt der Romantik die notwendige Ruhe, um mit betörender Klarheit die Unterschiedlichkeit der beiden Liebenden zu überwinden.

Im Zusammenhang mit der Befremdung, die man als Zuschauer aufgrund der Gestaltung des Wasserwesens empfindet, trainiert der Film eine gewisse Ambiguitätstoleranz. Man lernt, es auszuhalten, Dinge nicht mitfühlen zu können, solange sie moralisch und ethisch vertretbar sind, dass man widersprüchliche Empfindungen haben kann und deshalb nur über die Entscheidungen richten kann, über die ein rationales und ethisches Urteil gesprochen werden kann.

Das Thema Fremdheit wird in vielen verschiedenen Facetten gezeigt. Hierbei müssen Sexismus und Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe, körperlichen Einschränkungen, sozialem Status oder sexueller Orientierung nicht künstlich aufgebauscht werden, um schwerwiegende gesellschaftliche Probleme darzustellen. Sie sind einfach da, werden lediglich nicht verschwiegen. Der Film unterstützt dies durch die Unaufgeregtheit, mit der stets recht eindeutige Szenen und Symbole ausgewählt werden, durch die sich jede der Hauptfiguren charakterisieren kann. Es gibt eine klare Sprache der Einstellungen, die Unterschiedlichkeit und Ähnlichkeit der zugrundeliegenden Motive der Figuren so nebeneinanderstellt, dass sie absolut deutlich im Raum stehen. Und gerade durch das Nebeneinanderstellen fällt auf, dass jeder Vergleich, jede Bewertung scheitern muss.

Nur die Filmvorschau anzusehen reicht vollkommen aus, um sich die gesamte Handlung des Films zusammenzureimen und eine eindeutige Unterscheidung der Figuren in gut und böse vorzunehmen. Dennoch haben die Figuren eine aktiv handelnde Rolle innerhalb der sich vollziehenden Tragik, ein Leben innerhalb der Geschichte.

Durch die zeitliche Verortung in einer Vergangenheit, die gleichzeitig fantastisch und bezogen auf die existierenden Probleme real ist, kann der Zuschauer die gesellschaftlichen Probleme, die im Film angesprochen werden, abstrahieren und mit der heutigen Situation vergleichen; von der Machtlosigkeit den Weg zur Möglichkeit finden. Hält er seine Überlegungen jedoch zuvor noch einen Moment in der künstlichen Welt des Films, bietet sich ein schwereloser Raum, in dem die Probleme reduziert und doch in ihrem Verwobensein sichtbar umherwabern und unaufgeregt betrachtet werden können.

So einfach die Geschichte als Märchen auch zu sein schien, so sehr hält mich meine emotionale Ergriffenheit und die Beschäftigung mit den gezeigten Ungerechtigkeiten und Befremdungen gefangen und lässt mich auch Tage nach dem Kinobesuch nicht los. Geht ins Kino!

Bildquelle: Pixabay / CCO 1.0 / Septimiu Balica (Septimiu88)