Leipziger Buchmesse

Die Leipziger Buchmesse ist, nach der Frankfurter, die zweitgrößte Messe für Bücher und Verlage in Deutschland. Damit bietet sie eine gute Gelegenheit, Buchneuerscheinungen zu präsentieren oder auch die Arbeit von Branchen rund um die gedruckte oder digitale Schrift vorzustellen. Auch die Bereiche, die sich mit dem Füllstoff der Bücher, der Sprache, befassen, sollten auf so einem Großereignis vertreten sein. Daher wurde dieses Jahr ein Gemeinschaftsstand vom IFB-Verlag und dem Verein Deutsche Sprache, kurz VDS, organisiert. Denn schließlich gibt es keine bessere Möglichkeit, um Interessierte auf den VDS aufmerksam zu machen, als der persönliche Kontakt.

Um den Verein möglichst breitbandig zu repräsentieren sollte auch die junge Abteilung des Vereins, der „Junge VDS“, vertreten sein. Und so machte ich mich am frühen Donnerstagmorgen auf gen Leipzig, um dort am Stand des VDS helfen zu können. Die ganze Organisation lief im Vorfeld über die ortsansässige Regionalgruppe, was den schönen Nebeneffekt hatte, dass ich bei einem VDS-Mitglied aus besagter Regionalgruppe kostenlos in Leipzig unterkam. Man hilft sich eben gegenseitig, wo man kann, und das ist eine sehr schöne Eigenschaft des Vereins.

Am ersten Tag der Messe reiste ich also an und konnte dank eines Sonderhalts der DB an der Leipziger Messe sehr bequem zum Messegelände gelangen. Nach dem ersten Zurechtfinden, wo ich jetzt genau bin und wo ich hin musste, führte mein Weg als erstes zur Garderobe, um meinen Koffer abzugeben. Hier wurden mir dann erst die Ausmaße der Räumlichkeit bewusst, denn das Messegelände besteht aus fünf Hallen mit jeweils 20.000 m² Ausstellungsfläche und einem gewaltigen Glasmittelschiff, in dem sich allerhand Fernsehsender tummeln.

Nachdem ich dann den Weg zum Stand gefunden hatte, wurde ich dort auch direkt freundlich von den VDS/IFB-Kollegen und Kolleginnen begrüßt. Anfangs war es ein seltsames Gefühl, gleich mit mir teilweise völlig Fremden den VDS vertreten zu sollen. Aber es zeigte sich schnell, dass die Gruppe gut zusammen harmonierte und man sich bei Gesprächen mit Interessierten, aber auch Kritikern, gegenseitig unterstütze. Räumlich war der VDS-Stand direkt neben zwei weiteren Sprachvereinen positioniert, wodurch sich schnell ein Austausch über Vereinsgrenzen hinweg einstellte.

Aber die erste Frage, die sich mir allerdings stellte, war eher „Was genau mache ich hier jetzt?“. Denn ich hatte bisher keine Messeerfahrung gesammelt und wusste nicht, wie ich nun auf die potentiellen Unterstützer zugehen sollte. Drückt man den Vorbeilaufenden einfach die aktuelle Ausgabe der Vereinszeitung Sprachnachrichten in die Hand mit der Möglichkeit, dass diese beim nächsten Mülleimer entsorgt wird, oder wartet man lieber, bis jemand am Stand stehen bleibt und aktiv das Gespräch sucht? Wobei einem dann natürlich die Unentschlossenen/Zögerlichen entgehen könnten. Ich entschied mich letztendlich für die goldene Mitte. Die Unentschlossenen/Zögerlichen waren meine priorisierte Zielgruppe. Das bedeutete, die Messebesucher zu inspizieren und auf deren Reaktion auf den Stand zu achten. Es kam sehr oft vor, dass Besucher im Vorbeigehen den Stand optisch überflogen und dann entweder ein leichtes Lächeln, ein zustimmendes Nicken oder ein kritisches Kopfschütteln zeigten. Und genau das waren die Reaktionen, auf die ich wartete. Denn dann heißt es, direkt auf die Personen zuzugehen, eine Zeitung anzubieten und eventuell direkt die Frage zu stellen, warum man eben jene Reaktion gezeigt hat. Denn schließlich war der Stand mit dem bunten Plakat gegen das Genderbuch des Dudens recht auffällig und von der Botschaft her sehr klar positioniert. Die weiteren Anliegen des Vereins, wie der bewusste Verzicht auf unnötige Anglizismen, waren zumindest optisch nicht direkt erkennbar. Daher war der erste Blickfänger der Besucher eben das besagte Plakat oder der Name des Vereins, der als solches erst einmal Deutungsspielraum lässt.

Bei den folgenden Gesprächen mit meiner Zielgruppe, wurden dann teils sehr unterschiedliche Meinungen diskutiert. Von totalen Befürwortern des Genderns, über skeptisch Unentschlossene, bis hin zur Ablehnung war alles dabei. Aber genau das machte die Gespräche so interessant. Ich persönlich empfinde das sinn- und maßvolle Gendern prinzipiell als positiv, wenn es denn nicht erzwungen ist und sachlich behandelt wird. Denn allzu oft ist das Gendern für die meisten ein hoch emotionales Politikum, was sich auch auf der Buchmesse zeigte. Meiner Meinung nach bringt es nichts, wenn man von jetzt auf gleich alles ändert und durch solche Aktionen noch dazu tonnenweise Papiermüll produziert, nur weil auf einem Dokument etwas vermeintlich nicht gleichberechtigendes steht. Da sollte uns schon allein unser, hoffentlich vorhandenes, ökologisches Bewusstsein an die Vernunft appellieren lassen und man sollte die Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme kritisch hinterfragen. Ob man die Gleichberechtigung von Mann und Frau über die Sprache erzwingen kann, ist fraglich, denn schließlich frage ich mich auf der anderen Seite, warum sollen in der Sprache in einer Hauruckaktion alle gleich sein, aber wenn es um Löhne und Gehälter geht will, man nichts mehr von Gleichberechtigung wissen? Naja, das ist ein Thema, über das man genug und ausgefallen diskutieren kann und auch muss. Ich fand es in diesem Bezug auch sehr interessant, die einzelnen Argumente der jeweiligen Gruppen zu hören und sie mit den Argumenten der jeweils anderen zu konfrontieren. Dabei kamen ganz neue Sichtweisen zustande, die diese Diskussion hoffentlich etwas sachlicher gestalten werden und emotionale Schnellschüsse verhindern.

Aber auch beim Thema Anglizismen gab es genug zu diskutieren und die ersten beiden Tage der Buchmesse, also der Donnerstag und Freitag, waren stark von Schülergruppen geprägt, die sich über die Arbeit des Vereins informieren sollten. Die Aufgabe bestand darin, Zusammenhänge zum aktuellen Deutschunterricht zu finden. Fast alle Schüler waren, nach anfänglicher Unlust, denn es war ja schließlich eine Aufgabe für die Schule, dann doch sehr interessiert an den Themen des VDS und diskutierten freudig mit. Bei diesen Gesprächen konnte ich dann auch direkt die Gelegenheit nutzen und auf den Jungen VDS und die Aktion „Sprachsofa“ aufmerksam machen, was ebenfalls sehr interessiert aufgenommen wurde. Viele waren nach diesem Kurzabriss der Vereinsarbeit positiv überrascht und werden sich vielleicht in Zukunft weiter mit dem Thema und dem Verein beschäftigen.

Der Samstag war dann eher geprägt von vielen Besuchern, die die Buchmesse mehr als Freizeitbeschäftigung und Werbegeschenksammlung nutzten. Das zeigte sich schnell daran, dass die Anzahl und der Füllstand der einzelnen Werbetüten stark zunahmen. Aber auch am Samstag wurde das ein oder andere interessante Gespräch geführt.

Für Abwechslung an allen Tagen sorgten die Besucher der Manga-Comic-Con, die zeitgleich in Halle 1 stattfand. Mit ihren farbenfrohen und teilweise sehr aufwendigen Kostümierungen sorgten diese schnell für Aufsehen und so mancher Schnappschuss wurde da im Vorbeigehen gemacht. Generell kann man aber sagen, dass es auch bei den Besuchern der Buchmesse nicht den Typ „Besucher“ gibt. Ich war sehr überrascht, wie stark die Vielfalt der Besucher doch ist. Von jung bis alt, von alternativem Kleidungsstil bis zu feinem Zwirn war alles dabei. Das zeigt also, dass das Thema Buch alle Bevölkerungsschichten anspricht und einen optimistisch stimmt, dass das Buch auch weiterhin einen hohen Stellenwert haben wird.

Ein Gastbeitrag von Tobias Dietzen