Sag mir, wie kann ich heißen?

Diese Frage stellen sich vor allem werdende Eltern, wenn auch in leicht abgewandelter Form: Wie soll unser Kind heißen? Eine Entscheidung fällt oftmals erst nach langwierigen Diskussionen. Und das wohl auch zurecht, denn schließlich ist der Name des Filius oder der Filiae später ein integraler Bestandteil der Identität des Kindes. Gleichwohl, der Natur der Sache nach, hat das Kind hier kein Mitspracherecht. So ließe sich namensexistenzialistisch – aus Sicht des Kindes – wohl fragen: Wer hat mich in diesen Namen hineingeworfen und warum wurde ich nicht befragt? Will niemand antworten?

Namensgebung und Gesellschaft

Die Namensgebung durch die Eltern ist ein autoritärer Akt, der mit dem Selbstbestimmungsrecht des Kindes konfliktiv verknüpft ist. Aber es wäre irrig zu fordern, dass das Kind unbenannt bleiben sollte, bis es selbst dazu in der Lage ist. Dennoch ist es ein Gedanke, den zu verfolgen es sich lohnt. Der eigene Name, ob er einem nun gefällt oder nicht, ist von größerer Relevanz, als man denken sollte. Verschiedene Studien kamen zu dem Ergebnis, dass der Vorname einen erheblichen Einfluss auf die gesellschaftliche Perzeption einer Person haben kann. So habe man mit bestimmten Vornamen schlechtere Erfolgsaussichten bei Partnerbörsen oder werde in der Schule als grundsätzlich leistungsschwächer und gegebenenfalls verhaltensauffällig eingeschätzt. (sueddeutsche.de, zeit.de, sueddeutsche.de)

Wodurch lassen sich diese Vorurteile erklären? Es ist anzunehmen, dass die elterlichen Namensgebungsprozesse von sozioökonomischen Faktoren beeinflusst sind. Folglich lassen sich bestimmte Namen mit bestimmten sozialen Niveaus in Verbindung bringen. Diese Niveaus haben – ohne Rückbindung an die eigentlichen Fähigkeiten der Kinder – soziale Folgen. Für die Bewertung in der Schule macht es somit einen Unterschied, ob jemand Kevin, Jaqueline, Chantal oder Friedrich, Marie und Leonie heißt.

Daraus folgt, dass sich bereits durch Vornamen gesellschaftliche Ungleichheiten reproduzieren können. Und hierbei handelt es sich nur um einen Vornamen. Andere Diskriminierungs- und Ungleichheitsverhältnisse ergeben sich auch durch Nachnamen. So deuten aktuelle Studien darauf hin, dass Menschen mit ausländisch klingenden Nachnamen auf breiter Basis Diskriminierungserfahrungen ausgesetzt sind. Diese Erfahrungen reichen von der Wohnungs- und Arbeitsplatzsuche bis zur Behandlung durch staatliche Behörden. (zeit.de, bertelsmann-stiftung.de)

Namensänderungen als Mittel?

Angenommen man wollte seinen Vor- oder Nachnamen nun ändern. Mit welchem Aufwand wäre zu rechnen? Wenig überraschend unterscheiden sich die Modi einer Namensänderung von Land zu Land. Einen Sonderfall stellt unser skandinavischer Nachbar Schweden dar.

Dort erfolgt die Identifikation anhand einer Identifikationsnummer und nicht auf Basis von Vor- und Zuname, weswegen die Hürden für eine Namensänderung sehr niedrig sind. (faz.net) In Deutschland hingegen muss für eine Namensänderung ein gewichtiger Grund vorliegen, wobei die Hürden für eine Änderung des Vornamens höher liegen, als für die Änderung des Nachnamens. Neben der Notwendigkeit einer amtlichen Zustimmung, sind mit einer Namensänderung auch erhebliche Kosten verbunden. Sollte also auch in Deutschland eine Namensänderung nach dem schwedischen Modell angestrebt werden? Dies könnte zumindest eine spätere Selbstbestimmung des Kindes ermöglichen und überdies eine Erleichterung der Darstellung geschlechtlicher Identitäten bieten. In diesen Fällen sollte man eine Erleichterung in Erwägung ziehen. Hingegen Menschen, die von Namensdiskriminierung betroffen sind, zu raten sich umzubenennen, käme jedoch einer Täter-Opfer-Umkehr gleich.

Jeder und jede sollte, ohne gesellschaftliche Vorverurteilung auf Basis von Vor- und Nachnamen, Teil der Gesellschaft sein können. Und dies eben ohne einen – wenn vielleicht auch kleinen Teil – der eigenen Identität aufgeben zu müssen. Angeraten wären also effektive Methoden gegen Diskriminierungen. Sensibilisierung von verantwortlichen Personen und Bewerbungsverfahren anonymisiert durchzuführen, könnten erste Maßnahmen sein, um die gesellschaftlichen Chancen nicht von Vor- und Nachnamen abhängig zu machen.

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